Liebe Frauenbundfrauen,
kaum ein kirchliches Fest ist bei Predigern so gefürchtet wie das Hochfest der Heiligsten Dreifaltigkeit. Es wird immer am Sonntag nach Pfingsten gefeiert, also in diesem Jahr am 12. Juni. Es ist relativ einfach, über die anschaulichen Gleichnisse Jesu zu predigen. Die göttliche Dreieinigkeit hingegen gilt als ein unergründliches Geheimnis. Die Christen glauben an einen einzigen Gott und zugleich an den Vater und den Sohn und den Heiligen Geist, also an drei Personen.
Alle Vergleiche der göttlichen Dreifaltigkeit mit unserer Erfahrungswelt hinken. Wer zum Beispiel die Heiligste Dreifaltigkeit mit einer Familie aus Vater, Mutter und Kind vergleicht, der hat zwar drei Personen, aber eben auch drei unterschiedliche Wesen. Einer Legende aus dem 14. Jahrhundert nach soll ein Kind am Mittelmeer dem heiligen Augustinus sinngemäß gesagt haben: „Eher schöpfe ich das ganze Meer mit einem Löffel in ein Sandloch, als dass du auch nur teilweise das Geheimnis der göttlichen Dreieinigkeit mit deinem Verstand erfassen kannst.“
Da es also schwierig ist, über die Dreifaltigkeit Gottes zu predigen, verwundert es nicht, dass ich bereits am Sonntag vor dem Dreifaltigkeitsfest einen Prediger traf, der sich schon sieben Tage vor dem Dreifaltigkeitssonntag Gedanken darüber machte, wie er dieses Geheimnis des Glaubens beschreiben sollte. Er machte einen, wie ich finde, wunderbaren Vorschlag: Er wollte die Dreieinigkeit Gottes mit drei Streichhölzern vergleichen, deren Flammen sich zu einem einzigen Feuer vereinen.
Jedes Bild für Gott ist ein hinkender Vergleich. Die Unähnlichkeit mit Gott ist viel größer als die Ähnlichkeit. Dennoch empfinde ich solche Metaphern hilfreich, mein Denken und Empfinden auf Gott auszurichten.
Die Überzeugung, dass Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist ist, stammt nicht, wie die Augustinus-Legende, aus dem 14. Jahrhundert, sondern ist bereits im 1. Jahrhundert Glaubensgut der Christen. Die vier Evangelien stimmen darin überein. In den darauffolgenden Jahrhunderten haben sich Kirchenväter wie der heilige Augustinus redlich bemüht, über die Beziehung der drei göttlichen Personen zueinander nachzudenken:
Gott ist einer, aber Gott ist nicht alleine. Gott ist Gemeinschaft: Aus Gott dem Vater geht ein Zweiter hervor, sein Sohn. Das Johannes-Evangelium spricht von „Zeugung“. Der Sohn ist dem Vater ebenbürtig und in allem gleich. Nur im Ursprung unterscheiden sich beide. Der Vater hat keinen anderen Ursprung als sich selbst, der Sohn hat seinen Ursprung im Vater. Vater und Sohn stehen in einer innigen Beziehung zueinander. Ihre Beziehung kann nur als Liebe bezeichnet werden. Sie ist so stark, dass sie selbst Gott ist, nämlich Gottes Heiliger Geist. Er hat seinen Ursprung, nach der Lehrtradition der lateinischen Kirche, im Vater und im Sohn.
Die heilige Therese von Lisieux sagte einmal: „Beten heißt nicht viel reden, sondern viel lieben.“ Ihren Ausspruch möchte ich mit Blick auf das Geheimnis der Dreifaltigkeit Gottes gerne einmal umgestalten: Die wahre Verehrung des dreifaltigen Gottes besteht nicht darin, Gott verstehen zu wollen, sondern in ihm die dreifache Liebe zu entdecken: Den liebenden Ursprung von allem (Vater), den einzigartig Geliebten (Sohn) und die verbindende Liebe (Heiliger Geist). In diesem Sinne hatte der Evangelist Johannes in seinem Ersten Brief recht, wenn er die denkbar knappste Definition von Gott gegeben hat: „Gott ist die Liebe“.
Dr. Anselm Blumberg
Geistlicher Beirat