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Rückblick 2024

Am 25. März 2024 fand im Pfarrheim Laibstadt ein Vortrag zu dem Thema "Sterben in fremden Kulturen" statt. Referentin war Stefanie Suhr-Meyer aus Colmberg.

Sie ist gelernte Krankenschwester, inzwischen aber freiberufliche Dozentin im Gesundheitswesen (besonders palliative care) und Trauerbegleiterin. Schon als Kind kam sie in Kontakt mit Tod und Sterben. Ihre Oma war Leichenfrau, d.h., sie hat die Leichen gewaschen, angekleidet und in den Sarg gebettet. Frau Suhr-Meyer wurde Krankenschwester und privat früh Witwe. Beides brachte eine weitere Vertiefung der Beziehung zu Sterben und Tod mit sich und führte u.a. zur Gründung einer Trauergruppe für früh Verwitwete. Mit dem Sterben in 'fremden Kulturen' kam sie durch ansässige Gastarbeiter schon in jungen Jahren in Berührung.

"Kultur" allgemein wirkt nach innen integrativ, nach außen ausgrenzend. Kultur schafft individuelle und kollektive Identität zu einer Gruppe. Kultur wird erlernt, ist wandelbar und kann Änderungen erfahren.

In unserer modernen westlichen Welt leben wir individualisiert, das heißt für die Sterbebegleitung, man hat alles alleine zu stemmen. Prämisse ist, niemandem zur Last zu fallen. Im Gegensatz dazu hat in kollektiv organisierten Gesellschaften die Familie einen hohen Stellenwert und ist so eine große Stütze für Betroffene auch bei Sterben und Tod.

Die Referentin ging näher auf die Sterbekultur in Deutschland ein: Die meisten sterben im Krankenhaus alleine, obwohl keiner alleine sterben will. Die Familie kümmert sich nur ab und zu. Die Frage, warum jemand verstorben ist, steht generell im  Raum und damit immer die Frage nach der Schuld. Um die Verstorbenen kümmern sich die Bestatter. Die Verstorbenen werden hygienisch einwandfrei und vorschriftengemäß bestattet, keine Aufbahrung mehr. Discount-Bestattungen, z. B. für 699,00 Euro, sind im Kommen. Mit der nachfolgenden Grabpflege möchte man keine Arbeit mehr haben. Die meisten wünschen sich eine Erinnerung an den Verstorbenen wie zu Lebzeiten. Die Trauer ist privat und wird als persönliche Schwäche angesehen. Das ändert sich langsam (Trauercafe). Über den Tod wird nicht direkt gesprochen - der Verstorbene ist eingeschlafen.

Ganz anders bei den Muslimen: Der Tod gehört zum Leben, das Leben ist eine Leihgabe und wird an Gott zurückgegeben. Sterbende werden begleitet, das islamische Glaubensbekenntnis soll das Letzte sein, was der Verstorbene hört. Es gibt zwei Waschungen, die auch von den Angehörigen vorgenommen werden. Wehklagen und Gebete werden gesprochen. Es gibt keine Verbrennung, da es sonst keine Auferstehung gibt. Nach 120 Tagen ist die Trauer zu Ende.

Im Buddhismus wird der Verstorbene durch Klangschalen und Murmelgebete in eine meditative Atmosphäre versetzt. Positive Menschen sollen den Sterbenden begleiten und zu seiner inneren Heilung beitragen. Es gibt eine rituelle Waschung, der Tote wird aufgebahrt. Eine Totenwache wird zur Verabschiedung gehalten. Die Buddhisten glauben an die Wiedergeburt, deshalb wird keine Trauer akzeptiert. Das Positive soll gesehen werden.

Im Hinduismus werden am Sterbebett Texte aus heiligen Schriften vorgetragen. Der Tote wird gewaschen, drei Tage lang aufgebahrt und danach öffentlich verbrannt. Ein Familienangehöriger und ein Priester entzünden gemeinsam das Feuer. Der Priester zerschlägt den Schädel (Sitz der Seele), die Asche wird in den Fluss geschüttet.

Im Judentum soll der Sterbende das Sündenbekenntnis sprechen, die Familie betet das 'Schma Jisrael'. Eine Bestattungsbruderschaft übernimmt die Versorgung (waschen, in ein weißes Gewand hüllen). Die Spiegel im Haus werden verhängt (der Tote soll sich nicht im Spiegel sehen). Es gibt die Totenwache. Die Beerdigung selber ist eine stille Zeremonie. Erde aus Jerusalem wird unter den Kopf des Toten gelegt. Friedhöfe werden nie aufgelöst.

Zum Schluss berichtete Frau Suhr-Meyer noch über bestimmte Sonderformen der Sterbebegleitung und der Trauer, z. B. bei den Indianern, Mexikanern und Japanern.

Gegen 21 Uhr endete der Vortrag. Die 12 Teilnehmerinnen erfuhren viel Neues über verschiedene Formen des Sterbens und der Trauer. Im Namen des Diözesanvorstands wurde der Referentin eine Frauenbundtasse überreicht.

Bericht: Carolina Struller
Bild: KLJB Bayern Pfarrbriefservice